Innehalten im November
Konzert Armin Schmack und Gisbert Wüst im Mindener Dom Von Andrea Gerecke
Minden (ag). Die rund 40 Besucher wirkten am ersten Novembersonnabend etwas verloren im Dom zu Minden. Hallend und schwer verständlich kam die Begrüßung am Mikrophon daher. Und dann befanden sich die beiden Musiker Armin Schmack (Horn) und Gisbert Wüst (Orgel) zunächst etwas versteckt im Altarraum hinter einer Säule.
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Gisbert Wüst und Armin Schmack (von links) präsentieren im Dom besinnliche Musik. Foto: Andrea Gerecke
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So hatten sich die beiden Musiker ein Programm ausgedacht, das gerade „im Hinblick auf die Novembertage zum Innehalten anregen und Ausdruck des Weges zum himmlischen Jerusalem sein“ wollte. Vorab sei schon einmal gesagt: Das ist ihnen hervorragend gelungen. Die beiden präsentierten sich als gut eingespieltes Team und hatten eine Mischung aus Klassik und Moderne parat. Mit Harald Heilmann (*1924) und seinem „Poem op. 162“ machten sie den Auftakt. Das zeitgenössische Stück wirkte im Umfeld von Nieselregen, ungemütlicher Kälte und Dunkelheit auf dem Weg zum Konzert eher bedrückend und beängstigend, wenngleich der Flyer zum Abend einen „heiteren Abschnitt“ versprochen hatte. Vielleicht war es auch das Handyklingeln, das die Stimmung trübte. Mit Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) kann man ja generell nichts verkehrt machen und jeder Veranstalter klassischer Konzerte scheint in diesem Jahr ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er diesen Künstler nicht würdigt. Aber warum auch nicht. Ein Mozart geht immer. Hier nun die „Romanze“ aus dem Horn-Konzert KV 447. Passend dazu im Anschluss Zsolt Gárdonyi (*1946) mit „Mozart-Changes“, einem Stück voll heiterer Metamorphose und musikalischer Energien. Sehr schön die Bearbeitung der vier Kanonischen Studien op. 56 von Robert Schumann (1810-1856). Hier die im Kanon geführten Stimmen recht plastisch auf Horn und Orgel verteilt. Die Sätze 1 und 3 zunächst noch an der kleineren Orgel im Altarraum. Anschließend bekam das Publikum auch die Musiker zu sehen. Gisbert Wüst begab sich zur Hauptorgel und Armin Schmack erläuterte die folgende Komposition von Bernhard Krol (*1920). Diesmal ohne Mikrophon und insofern einigermaßen akustisch verständlich. Krol, ein Bekannter der beiden Musiker, sei ein zutiefst katholisch religiöser Mensch, was man auch seinen Werken anmerke, die als Gotteslob zu verstehen seien, betonte der Hornist. Und so erklang dann ein Laudatio „Te deum“ von wunderbarer Emotionalität. Sanft und gedämpft schwebte gregorianische Kirchenmusik durch den Raum. Gefühlsintensive Stimmungen reichten von zärtlich-flehend über aggresiv-aufbrausend bis festlich-gesanglich. Erst hier kam die Volltönigkeit des Doms so recht zur Geltung. Die Musik fuhr einem regelrecht ins Herz. Jean Langlais (1907-1991), einer der bedeutendsten französischen Orgelkomponisten unserer Zeit, hat sich ebenfalls das „Te deum“ vorgenommen und eine „Hymne d`Action de Grace“ verfasst, die sich kraftvoll, energisch und gewaltig, aber ingesamt sehr harmonisch dem Stück von Bernhard Krol anschloss. Dann noch einmal Robert Schumann mit dem 2. und 4. Satz aus den Kanonischen Studien op. 56 – diesmal nun mit der fulminanten Hauptorgel. Der Besinnlichkeit des Novemberabends gewidmet dann auch Mozarts „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“ aus der Oper „Die Zauberflöte“. Und zum Schluss noch einmal Bernhard Krol mit seiner „Missa muta op. 55“ (Stille Messe), deren klare Klänge außerordentlich vielfältig - klagend, anklagend, fordernd, bittend, flehend und preisend - ertönten. Sie hat durchaus einen liturgischen Bezug und könnte im Rahmen einer Messfeier begleitende Funktion übernehmen. Hier zog tatsächlich eine Prozession durch den Kirchenraum. Favorit des Abends also unbedingt der Komponist Bernhard Krol. Dem wohlwollenden Beifall folgte eine kleine, ganz anders geartete Zugabe mit einem Jagdstück von Rossini. Dabei war man dem Wunsch eines einzelnen Herrn aus dem Publikum gefolgt und man hätte gern noch eine weitere Stunde einer solchen Stilrichtung gelauscht, aber das war ja nicht das Anliegen des Abends. Hier ging es um Besinnung und Innehalten. Dem sind die Künstler absolut gerecht geworden.
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